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Das bin ich:

Mein Name ist Heike Riedel, ich bin 35 Jahre alt und habe FSHD.
Geboren wurde ich 1973 in Berlin-Wilmersdorf als drittes und letztes Kind meiner Eltern.
Mein Vater erlag leider einem Krebsleiden als ich 7 Jahre alt war.
Meine Mutter lernte einen neuen Mann kennen und zog daraufhin 1983 mit uns ins Ruhrgebiet nach Essen.
Mein ältster Bruder, der kurz vor seiner Volljährigkeit stand, mochte den neuen Mann an der Seite unserer Mutter nicht und blieb in Berlin. Der Kontakt zu ihm riss sehr schnell ab, bis uns 1986 die traurige Nachricht von seinem Freitod erreichte.

Als ich 18 war wurde ich das erste Mal in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, die Diagnose lautete: Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Im Krankenhaus lernte ich meinen späteren Ehemann kennen. Gleich nach unserer gemeinsamen Entlassung zogen wir zusammen. Wir heirateten und im Februar 1993 wurde unsere Tochter geboren. Leider waren wir aufgrund unser beider Erkrankungen dazu gezwungen unsere Tochter in die (wohlgemerkt guten) Hände einer Pflegefamilie zu geben - wo sie auch Heute noch glücklich lebt.
Einige Jahre lebten mein Mann und ich an der Schleswig-Holsteinischen Nordseeküste - er lebt dort Heute noch. Wir ließen uns scheiden und ich zog an den Niederrhein, nach Tönisvorst. Hier lebe ich mit meinem neuen Partner, 2 Hunden, 1 Kater und einigen Teichfischen.


Mein Leben mit der FSHD:

Ich habe die sogenannte frühkindliche Form als Neumutation.
Schon als kleines Kind habe ich immer mit etwas geöffneten Augen geschlafen - was mir so manches Mal den Spitznamen "Kaninchen" einbrachte - was aber natürlich kein Grund für eine eingehende Untersuchung war. Meine Mutter sagte manchmal, ich sei einfach zu neugierig, um die Augen Nachts ganz zu zu machen.
Dass ich nicht pfeiffen konnte und das Gesicht überhaupt "irgendwie schief" aussah, wurde dann schon untersucht, mit dem Ergebnis einer Gesichtsnervenlähmung.
Ich konnte als Kind nie rennen ... natürlich wußte ich rein theoretisch wie das geht, aber die Umsetzung wollte nicht klappen.
Als Jugendliche bekam ich im Sportunterricht einmal einen Hockeyschläger vor das Knie und die Beschwerden wollten einfach nicht nachlassen. Schließlich wurde eine Kniespiegelung gemacht. Im Bericht stand, ich hätte "degenerative Veränderungen sowohl des Innen- als auch des Außenminiskus". Mein Hausarzt lachte nur und meinte, dass ich dafür nicht alt genug sei, es sei denn, ich würde Hochleistungssport betreiben, von dem er nichts wüßte.
Mit 18 kugelte ich mir das erste Mal die rechte Schulter aus. Ich hatte keinen schweren Unfall - ich tobte einfach ein bisschen mit meinem Freund rum. Eine Bindegewebsschwäche wurde diagnostiziert. Die Schulter sprang danach noch 10 oder 11 Mal aus dem Gelenk und ich wurde daran operiert. Obwohl die OP ein voller Erfolg war (oder hätte sein sollen), habe ich seit dem immer wieder Probleme mit der Schulter, allein schon, weil ich es nicht schaffte, die Muskeln wieder richtig aufzubauen.
Im Januar 2007 wurde bei einer Blutuntersuchung der CK-Wert bestimmt: er lag bei knapp 400. Aber da sich die Ärzte diese Erhöhung nicht erklären konnten, ließen sie es mehr oder minder auf sich beruhen.
Schließlich hatte ich - zum Glück, wie ich heute weiß - im Juni 2007 einen Unfall, bei dem ich unter anderem auf die rechte Schulter stürzte. Die Schmerzen ließen nicht nach und mein Chirurg ordnete ein MRT an. Der Radiologe stellte fest, dass 2 1/2 Muskelstränge der Rotatorenmanschette vollkommen verschwunden waren und schickte mich zum Neurologen. Ein durchgeführtes ENG wies Auffälligkeiten auf und auch der CK war wieder (oder noch) erhöht. Ich wurde nach Düsseldorf an die Uniklinik geschickt.
Zahlreiche Untersuchungen - unter anderem ein Gentest - brachten das Ergebnis: FSHD.


Theorie und Realität:

Die Humangenetikerin die den Gentest anordnete, erklärte mir, was auf mich zukommen würde ... wobei ich betonen möchte, dass die "Spezialistin" angab, sich mehr mit der Erkrankung auszukennen als die Ärzte in der neuro-muskulären Abteilung. Was sogar stimmte, denn die hatten noch weniger Ahnung!

Der unvollständige Lidschluss könnte irgendwann so weit gehen, dass in der Nacht die Augen zu trocken werden würden. Eine Schlafbrille würde schnelle und einfache Abhilfe schaffen.
Die Muskeln in den Schultern und Oberarmen würden langsam weniger werden, was neben der Schwäche eine Bewegungseinschränkung zur Folge hätte. Aber das würde noch ziemlich lange dauern, da der Muskelabbau dei der FSHD relativ langsam voranschreiten würde.
Die Muskulatur in Händen und Unterarmen wäre nicht betroffen.
20% aller FSHD-Erkrankten bekämen irgendwann Probleme mit den Beinen. Treppensteigen könnte schwierig werden und bei manchen würde sich eine sogenannte Fußheberschwäche bilden, die man aber mit den entsprechenden Orthesen gut in den Griff bekäme.
Überhaupt könne ich von Glück sagen "nur an FSHD erkrankt" zu sein ... im Grunde könne man damit 80 Jahre alt werden, ohne wirklich viel davon zu merken - abgesehen von der Schwäche in den Schultern und Oberarmen.

Ähnliches habe ich in diversen Artikeln gelesen - unter anderem bei der DGM

Und so sieht die Realität aus:
Durch den ungleichmäßigen Muskelabbau hat sich eine (noch leichte) linksseitige Skoliose entwickelt.
Ich habe Bandscheibenschäden im Hals- und Lendenwirbelbereich.
Im Nacken gibt es immer wieder Probleme mit Gleitwirbeln.
Das Heben und/oder Halten des Kopfes fällt oft schwer.
Rücken, Nacken und Schultern sind ständig schmerzhaft verspannt.
Manchmal fallen mir Dinge aus den Händen, weil die Fingerspitzen einschlafen.
Längeres Gehen ist fast nicht mehr möglich.
Treppensteigen wird zusehends schwieriger.
Eine beidseitige Fußheberschwäche macht das Tragen von Peronaeusschienen notwendig.
Die Schultern fallen derartig nach vorne, dass mir eine Mahnbandage (Gerzer Geradehalter) verordnet wurde. Inzwischen ist jedoch die Atemhilfsmuskulatur beeinträchtigt, so dass ich wohl auf eine Schulterorthese umsteigen muss.


Warum nun dieser Fragebogen?

Ich habe schon von vielen FSHD-Erkrankten gelesen, dass sie ähnliche Auswirkungen der Krankheit spüren. Mit dem Fragebogen möchte ich herausfinden, wie sehr die Theorie der Gelehrten von der Realität der Betroffenen abweicht. Vielleicht kann man sogar erreichen, dass der Name geändert wird, denn gerade Ärzte die sich nicht auf Muskeldystrophien spezialisiert haben, sehen die FSHD als reine Erkrankung der oberen Muskulatur, sprich Gesicht, Schultern und Oberarme. Das gibt zum Beispiel regelmäßig Probleme beim Versorgungsamt wenn es um die Zuteilung eines Schwerbehindertenausweises geht. Da es sich ja "nur" um FSHD handelt, wird den Betroffenen ein GdB von gerade 30% zugesprochen, obwohl die Einschränkungen weit mehr rechtfertigen.

Wir neigen gern dazu "Ich alleine kann doch 'eh nix tun" zu sagen, aber vielleicht ist das hier eine Möglichkeit, gemeinsam etwas zu bewegen - deshalb hoffe ich auf Ihre Mithilfe!

Vielen Dank im Vorraus
Heike Riedel